„Sendung enthält virtuelle Werbung“ – Was bedeutet das?
Nicht erst seit der EM 2024 gibt es immer neue Vermarktungs- und Werbeformen im kommerziellen Fußball. Am Rande der Spiele der deutschen Nationalmannschaft kam zuletzt immer wieder die Frage auf: Was bedeutet „Sendung enthält virtuelle Werbung‘?“ Dieser Satz wurde zu Beginn der Live-Übertragungen bei ARD & ZDF eingeblendet und ließ zunächst viele ratlose Gesichter zurück. Wir haben die Erklärung.
Wir möchten Licht ins Dunkle bringen und informieren dich darüber, was es mit der virtuellen Werbung in Fußballstadien wirklich auf sich hat. Wie funktioniert das Ganze und warum wird dieser Trend nicht mehr zu stoppen sein.
Inhaltsverzeichnis
Was ist virtuelle Werbung bei der EM 2024?
Die so genannte virtuelle Werbung gibt es schon länger als manche glauben mögen. Doch nach Jahren des Testens scheint dieses Feature mehr und mehr im flächendeckenden Werbemarkt anzukommen. Vor allem für Fußballklubs entstünden dadurch neue Chancen der Vermarktung, teilte die Deutsche Fußball Liga (DFL) bereits vor einigen Jahren mit.
Virtuelle Werbung bedeutet, dass eine Werbebotschaft auf der Stadionbande für das Bild im TV mit einer anderen Botschaft überblendet wird, so dass Stadionbesucher und TV-Zuseher jeweils andere Werbungen präsentiert bekommen.
Bestenfalls soll davon weder der Stadionbesucher noch der TV-Zuseher etwas mitbekommen. Somit gibt es auch die Möglichkeit, die Werbebotschaften für Zuseher aus ausländischen Märkten zu individualisieren und nicht-deutschsprachige Werbungen anzupreisen.
Warum wird „Sendung enthält virtuelle Werbung“ eingeblendet?
ARD und ZDF haben sich dazu verpflichtet, Zuschauer zu informieren, falls ein Programm virtuelle Werbung enthält. Derzeit bezieht sich das ganze nur auf Sportsendungen. Zu Beginn einer solchen Sendung wird der entsprechende Hinweis eingeblendet, um die Zusehenden zu informieren.
Einen ähnlichen Hinweis kennt man beim Product Placement, das mit dem Satz „Sendung enthält Produktplatzierungen“ versehen wird. Hierbei handelt es sich aber um eine gesetzliche Vorgabe und keine Selbstverpflichtung.
Hinter der virtuellen Werbung steckt die Technologie des britischen Anbieters Supponor, der eine Partnerschaft mit dem Sportrechte-Vermarkter Lagardère Sports eingegangen ist. Nach einigen Testreihen hat sich die Technik schließlich durchgesetzt und wird bei größeren Sportereignissen mehr und mehr eingesetzt.
Ein erster Live-Test wurde bereits am 6. Mai 2017 bei der Bundesliga-Partie zwischen dem VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt durchgeführt. Die virtuelle Werbung wurde allerdings noch nicht ausgestrahlt. Supponor und Lagardère Sports waren auf einer Roadshow bei zahlreichen Bundesligisten, um die Möglichkeiten der virtuellen Werbung vorzustellen. Letztlich ist man tatsächlich auf viel Gegenlieben gestoßen.
Am 26. Februar 2018 kam die virtuelle Werbung in einem deutschen Stadion erstmals zum Einsatz. Beim Bundesligaspiel zwischen Borussia Dortmund und FC Augsburg (1:1) im Signal Iduna Park wurde die virtuelle Überblendung der Werbebanden erstmals erfolgreich praktiziert. Für den TV-Zuseher war dies kaum zu merken. Seitdem beteiligten sich immer mehr Profi-Klubs und dementsprechend gibt es immer häufiger virtuelle Werbung, die für den TV-Nutzer entsprechend angekündigt werden muss.
Seit 2022 gibt es zudem eine neuere Technik, die nun softwarebasiert funktioniert. Das erleichtert den Umsetzungsaufwand erheblich, teilte die DFL mit. Die Software nennt sich Supponor AIR und erfordert keine besondere Bandentechnik, spezifisches Personal oder komplizierte Kameraaufbauten wie noch zuvor.
Immer wieder Probleme mit virtueller Werbung
Doch die neuartige Technologie birgt auch Risiken und Probleme. Beim ersten Länderspiel unter dem neuen Coach Julian Nagelsmann musste Deutschland in Hartford gegen die USA ran. Der 3:1-Erfolg wurde von merkwürdigen Bild- und Tonausfällen begleitet, die auf die länderspezifischen Bandenwerbungen zurückzuführen waren.
Inhaltlich wurde für Deutschland beispielsweise Werbung für Adidas gezeigt, während in den USA der Ausrüster Nike beworben wurde. Auch bei diesem Spiel wurde die Werbung in Echtzeit mit hoher Qualität auf das Livebild gespielt und auf die Banden projiziert. Allerdings schien dieser Vorgang für die Server zu komplex zu sein. Es kam zu Artefakten, die den Server zusätzlich belasteten und zu den Ausfällen führte.
Der übertragende Sender RTL hat die virtuelle länderspezifische Werbung deshalb nach 30 Minuten wieder abgeschaltet. Bild und Ton liefen fortan störungsfrei. In den deutschen Haushalten war ab diesem Zeitpunkt allerdings nur noch die US-amerikanische Werbung auf den Banden zu sehen.
Länderspezifische Werbung einfach möglich
Aufgrund der riesigen finanziellen Vorteile, die sich durch die virtuelle Werbung ergeben, dürfte die Technologie aber nicht mehr aufzuhalten sein. Probleme wie beim Länderspiel USA gegen Deutschland dürften unseren Einschätzungen zufolge schon bald der Vergangenheit angehören.
Besonders interessant wird es bei künftigen großen Turnieren mit Übertragungen in die ganze Welt. Sollte die Technik reibungslos funktionieren, dürfte den beteiligten Parteien eine Menge zusätzlicher Einnahmen bei der Vermarktung winken.
Carsten Cramer, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb von Bundesligist Borussia Dortmund mahnte allerdings, dass es schwierig sei, wenn die Entscheidungen über die ausgestrahlten Live-Partien von den internationalen Medienpartnern erst kurzfristig bekannt gegeben werden. „Es sei schwer einzuschätzen, bei wie vielen Spielen die Partner präsent sein werden“, so Cramer gegenüber HORIZONT.
Dennoch sieht der Finanzexperte des BVB vor allem Vorteile: „Es handelt sich um ein Media-Tool, aber nicht um ein singuläres: Unsere Partner sind immer interessiert daran, um das Spiel herum in Erscheinung zu treten.“
Der BVB kündigte bereits früh an, neben dem deutschen auch ein englisches und ein chinesisches Signal für das Ausland zu produzieren und über diese Technik auszustrahlen.
Auch in anderen Ländern gehört die länderspezifische virtuelle Werbung längst zum Alltag. Im vergangenen Sommer feierte das Werbe-Tool auch bei der österreichischen Nationalelf Premiere, als das Team 1:1 in Brüssel gegen Belgien spielte. In der englischen Premier League ist die Technik längst etabliert und sorgt für weitere Einnahmen im eh schon mit Geld überschwemmten Mark der höchsten Spielklasse.
Florian Wein Redakteur
Florian ist Moderator, Sprecher und freier Redakteur bei Wettkompass. Hier schreibt er über Neuigkeiten aus der Welt der Sports und ist für die Ratgeber-Artikel verantwortlich.